Die Wurzeln
Keine Frage: Seit den 1950er Jahren ist der Erhalt von Industriedenkmalen in allen alten Industrienationen ein wichtiges kulturpolitisches Thema geworden. Industriedenkmale wurden zu Orten der Erinnerung, aber auch zu »Leuchttürmen« des Strukturwandels, nicht nur im Ruhrgebiet oder NRW. Es begann in England, wo man sich mit archäologischen Methoden den nahezu verschwundenen Zeugen der Frühindustrialisierung näherte. In Coalbrookdale kehrte John Darbies erster Steinkohlenhochofen ans Tageslicht zurück. Mit Schaufeln und Spaten wurden die alten Kanäle ausgegraben, die vor der Eisenbahn Kohlen und Erze transportierten. In Schweden besann mich sich ebenfalls früh auf die historischen Wurzeln des frühen Erzbergbaus in Schweden, die spätere »Grabe wo Du stehst Bewegung« hat erste Bemühungen nahezu institutionalisiert. Lassen wir mal alle denkbaren Erzählstränge über Europas Wege zur Ent- deckung seines historischen Erbens der Industriekultur beiseite. Eins gilt es aber festzuhalten: Es waren fast an allen Schauplätzen die Bürgerinnen und Bürger, die sich für ihr jüngst historisch gewordenes Erbe des Industriezeitalters interessierten, den Abriss verhinderten, Materialien sammelten, begannen Zerstörtes wieder aufzubauen. Das war, wie gesagt, überall so, auch in NRW. Das umfangreiche Engagement der Initiativen der Industriekultur in NRW ist ein historisch zu nennender Verdienst und bedarf Anerkennung und Unterstützung. Die Landesregierung von Nordrhein Westfalen hat dies in ihrer Kulturpolitik und durch die Arbeit der Stiftungen des Landes in der Vergangenheit nachdrücklich unterstrichen. Der Begriff Industriekultur Einige Worte sollten zu Beginn über den Begriff »Industriekultur« verloren werden, ein rein deutscher Terminus, den Hermann Glaser einst in Nürnberg populär machte: »Industriekultur« ist auf jeden Fall mehr als Industriedenkmalpflege oder Industrial Archaeology. Es geht um die Geschichte des Industriezeitalters insgesamt, um die Geschichte des städtischen Industriequartiers und letztlich um die industrielle Kulturlandschaft in allen ihren historischen, gegenwärtigen und zukünftigen Aspekten. Industriekultur ist letztlich ein geografisch-räumlich orientiertes historisches Thema, die Auseinandersetzung mit den komplexen Beziehungen in der »Industriellen Kulturlandschaft« ist der Schlüssel zu ihrem Verständnis. Industriekultur wird in erster Linie durch sie erfahrbar. Kulturlandschaft Ruhrgebiet Ein Beispiel: die komplexe Kulturlandschaft des Ruhrgebietes, wesentlich von der Montanindustrie geprägt, ist weder intern noch extern zu verstehen, wenn man sich ihr nur vom lokalen Standpunkt einer Hütte oder eines Bergwerks nähert. Die überaus vielschichtigen Produktionsverhältnisse der Verbund- wirtschaft werden so nicht verstanden, und sie sind auch nicht alleine am erhaltenen Hüttenwerk festzumachen, sondern auch an der Gasleitung, dem Kraftwerk, dem Kanal und der Eisenbahn und natürlich auch der Arbeiter-siedlung (Hier soll jetzt im Moment nicht auf die immateriellen Zeugen der Geschichte eingegangen werden, die natürlich unverzichtbar dazu gehören!). Ebenso ist das Ruhrgebiet in seinen internationalen Beziehungen gewachsen und geformt worden. Zum Beispiel ist die Geschichte des Hauses Thyssen und damit des Ortes, an dem wir uns befinden, nicht zu verstehen, wenn man noch nie von den kriegerischen Auseinandersetzungen um die lothringischen Erzlagerstätten gehört hat oder nichts von den späteren südamerikanischen Erwerbungen des Konzerns weiß. Es ergibt sich zwingend das Ziel, Industrielandschaft nicht nur lokal, sondern überregional in allen ihren Zusammenhängen zu interpretieren. Damit möchte ich einem Thema vorgreifen, das für mich und unsere Gesellschaft ein wichtiges Motiv war, zu dieser Tagung einzuladen: Wir, die wir ein Teil der Interpreten dieses historischen Erbes sind, müssen verstehen lernen, wie unverzichtbar eine thematische, räumlich integrative Zusammenarbeit unter uns ist: Weil wir sonst so unvollständig bleiben. Es geht um die spannende Interpretation einzelner Standorte als Teil der Kulturlandschaft. Ich weiß, dass dies eine Herausforderung ist. Selbst die Museen und Archive haben ihre Konkurrenzprobleme beim Exponaten und Erfahrungsaustausch. Aber wir alle zusammen sollten uns schon fragen, wie viele unserer mehr oder weniger privaten Archive, wie viele Beispiele unseres Erhaltes auch der letzten Mühlenreste, des letzten Schienenstranges usw. für sich betrachtet Sinn machen. Wie auch immer man es organisieren mag: Wir sollten nicht nur für uns arbeiten, sondern unsere Kräfte bündeln und konzentrieren. Noch einmal zurück: marsch, marsch, zu einem anderen, grundsätzlichen Thema: Herkunft hat Zukunft Der Erhalt und die Präsentation von Industriedenkmalen können dazu beitragen, regionale Identität zu bewahren und weiter zu entwickeln und somit die Zukunft unseres Landes bauen helfen. Ohne Kenntnisse über das Woher gibt es kein Wohin. Dies ist meine feste Überzeugung. Die Krise alter Industriegebiete am Ende des Industriezeitalters kann nicht bewältigt werden, wenn wir eine radikale Leugnung unserer Herkunft betreiben. Obwohl schon oft beschworen, diese Einsicht ist noch immer nicht Allgemeingut. Das sieht man zum Beispiel am Thesenpapier Antje Vollmers und ihres unsäglichen »historischen« Beraters: Keine Denkmalschutz für Bausubstanz jünger als 1840? Heller Wahnsinn ist das! Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind wichtig und bleiben es. Wir Bürgerinnen und Bürger sind die wichtigsten Bindeglieder zwischen der Geschichte und der Zukunft des Industriedenkmals. Unsere Erinnerungen tragen zur lebendigen Präsentation bei. Unser Engagement hilft der Stadtplanung und Stadtentwicklung, die historischen Zeugen der Industrialisierung aktiv in die Zukunft unserer Städte und Gemeinden einzubinden. Initiativen in NRW und anderswo Wer sind wir aber eigentlich, die Initiativen zur Industriekultur? Ich will hier keine Heerschau konkreter Beispiele vorführen, einige von uns werden sich im Laufe dieser Tage selber vorstellen. Ich möchte vielmehr einen kurzen Rundblick durch die grundsätzliche Ausrichtung und die Arbeitsweisen unserer Initiativen wagen und mich dabei nicht auf NRW beschränken, der Horizont auch des größten Bundesland ist dafür zu eng. Bei uns in NRW gibt es zahlreiche Initiativen der Industriekultur, so um die 350, und viele weitere Einzelpersonen, die sich engagiert für ihr Thema einsetzen. Da gibt es den lokalen Verein, der sich - mit Schwerpunkt im Ruhrgebiet oder den ehemaligen anderen Bergbaugebieten, nicht nur auf Kohlen - für den Erhalt »seines« Denkmals einsetzt. Im Verlauf der eigenen Geschichte entwickelten sich solche Vereinigungen oft zu Fördervereinen eines später gegründeten Museums. Im Industriedenkmal entwickelten sich auch nicht selten Vereine, die Umnutzungen im eigenen Spezialinteresse suchen, wie z.B. die Taucher im Gasometer vor der Tür. Wir finden die Vereine oder Einzelpersonen des Typs »Sammler und Jäger«, die rings um ihr Thema in überquellenden Regalen alles horten, was nicht und nagelfest ist, von der Grubenlampe über Lieferantenprospekte bis zur Ansichtskarte. Die Siedlungsinitiative gegen den Abriss und die menschlich orientierte Ausgestaltung ihrer Arbeitersiedlung gehört zu unserem Spektrum der Industriekultur. Schließlich gibt es zahlreiche Sonderthemen in unserem Land: Von den Verehrern frühindustriellen Handwerks über die Mühlenfreunde oder die Feuerwehr Enthusiasten bis hin zu den nahezu inflationär gewachsenen Vereinigungen der Eisenbahnfreunde - und vieles mehr. Alles hat seine Berechtigung, hat seinen Platz bei uns. Die Pfadfinderrolle, die wir spielten und immer noch spielen hat ihren unbestrittenen hohen Verdienst. Wir sind die Lobby des Erhalts materieller und immaterieller Spuren des historisch gewordenen Zeitalters, das die Welt veränderte wie keines zuvor. Jeder Sammler trägt dazu bei, egal wie qualifiziert er mit seiner Sammlung umgeht. Jeder Widerstand gegen die Abrissbirne ist prinzipiell sinnvoll, weil all dies zum Nachdenken späterer Generationen die physischen Voraussetzungen schafft. Und: die Beschäftigung mit der eigenen Geschichte erhält lebendig und jung, an vielen Orten ist dies ein gesellschaftlich und individuell hoch erwünschter Effekt. Im Nachhinein wird damit oft die individuell so sinnlos harte Arbeitswelt (hoffentlich) nicht verklärt, aber doch zu einem sinnvollen Lebensabschnitt. Die Aneignung der eigenen Geschichte wird zum Prozess der nachträglichen Enteignung des fremdbestimmten Arbeitsplatzes. Dieser Prozess darf ruhig auch Spaß machen, ich sehe es täglich an unserer Gruppe ehemaliger Werksangehöriger, die mit größter Energie und vielen Sonderschichten ihren ehemaligen Meidericher Hüttenbetrieb im Unruhestand für die Nachwelt erhalten. Es gibt natürlich alltägliche Sorgen und Probleme unserer Arbeit, die sich in der Regel durch alle Initiativen gleich darstellen: Rein praktisch gesehen: Es fehlt an einer nachhaltig gesicherten Basis, in materieller wie personeller Hinsicht. Viele Industriedenkmale haben einen beeindruckenden Schub an Investitionen in ihren Erhalt hinter sich, dankenswerter Weise in der Regel von der Landesregierung bezahlt oder ausgelöst. Die Fragen des dauerhaften Unterhalts und der weiter zu entwickeln den öffentlichen Präsentationen sind aber viel zu häufig ohne Antwort. Unter anderem auch deshalb, weil es offenkundig an privater finanzieller Unterstützung mangelt: Kulturförderung ist in NRW und in Deutschland insgesamt viel zu sehr Staatsaufgabe. Personell leiden wir alle an der Individualisierung in der Freizeitgesellschaft. Nachwuchs gibt es wenig oder keinen, das Interesse an dem generellen Thema Geschichte ist stark im Schwinden, und wie lange das im Moment starke Interesse an der jüngeren Geschichte des Industriezeitalters noch geradezu ein Modethema bleiben wird, ist ungewiss. Die Konkurrenz mit Fernsehen und Disneyland ist kaum zu bestehen, ganz sicher nicht siegreich zu gewinnen. Es gibt aber auch inhaltliche Defizite, die wir zum Teil selber verursachen: Wenn sich die Arbeit manchmal auf das Sammeln und Bewahren materieller Kulturgüter konzentriert, so muss auch der Schritt zur historischen Interpretation gegangen werden. Mehr berücksichtigt werden muss das Sammeln der Erinnerungen der Menschen, die mit dem Industriedenkmal verbunden waren. Wo die Initiativen für historische Präsentationen verantwortlich sind, ist die Frage nach dem historischen Gesamtkontext des Industriedenkmals, auch in sozialgeschichtlicher Hinsicht, öfter zu stellen und zu beantworten. Die Initiativen können auch eine wertvolle Ressource bei der Entwicklung moderner musealer Präsentationstechniken sein. Insgesamt ist zu diesen Herausforderungen die Zusammenarbeit mit der hauptamtlichen historischen Forschung und den Museen notwendig und sollte auf beiden Seiten vertrauensvoll betrieben werden. Auf die meiner Meinung nach zentrale Bedeutung des Verständnisses industrieller Kulturlandschaft als integrierenden Faktor unserer Arbeit habe ich schon hingewiesen. Nun noch der versprochene Blick über unsere Landesgrenzen hinweg: Ohne Arroganz: Das größte Bundesland ist auch das Zentrum der Beschäftigung mit Industriekultur in Deutschland, ja sogar weltweit. Schon die große Dichte der Industrialisierung brachte dies mit sich. Die Zahl der Initiativen in der Bundesrepublik kann mit etwa 800 beschrieben werden, davon ist also fast die Hälfte in NRW tätig. Die andernorts oft anzutreffende Vereinzelung macht die Arbeit in Bayern oder sonst wo nicht leichter, die Probleme sind oft noch größer, vor allem wegen viel geringer staatlicher Unterstützung. Besonders schwierig ist die Lage in den neuen Bundesländern: Der beklagenswerte Raubbau an historischem Kulturgut der Industrialisierungsgeschichte ist ein nicht wieder gut zu machender Verlust, ein weltweit einmaliger Fall. Das werden uns zukünftige Generationen noch vorhalten! Trotzdem gibt es eine große Zahl aktiver Initiativen, die meines Eindrucks auch eine etwas stärkere Resonanz in der Bevölkerung haben, aus welchen Gründen auch immer. Initiativen in Europa In ganz Europa finden wir Kolleginnen und Kollegen: Das gilt natürlich besonders für Großbritannien, das Mutterland der Industrialisierung. Das frühe Interesse hat eine lange Lebensdauer für die mit uns verwandten Gruppierungen bewirkt. Wach gehalten natürlich besonders durch das traditionell stärkere Geschichtsbewusstsein, lebendig gehalten aber vor allem durch die immensen kulturellen Unterschiede was die gesellschaftliche Aufgabenverteilung anbelangt. Nur sehr verkürzt dargestellt: Im Rahmen von nicht staatlichen Organisationen wie English Heritage wird eine Initiative als selbstbewusste Organisation begriffen, die nicht in erster Linie Empfänger staatlicher Fördermittel oder Stiftungsmittel ist, auch wenn es das selbstverständlich auch gibt, sondern Partner bei der Bewältigung kultureller Aufgaben. Dies vermittelt ein so anderes Selbstwertgefühl, das alleine schon zu mehr Engagement privaten finanziellen und zeitlichen Kapitals führt. Ein Modell von dem wir immer noch viel zu lernen haben. Damit meine ich nicht nur die staatlich wie auch immer Verantwortlichen, auch wenn man gerade in NRW schon überlegen könnte, wie das Miteinander von staatlichen Stiftungen und Kulturpolitik mit den Initiativen zur Geschichte unsere Landes vielleicht in ein ähnliches Modell wie English Heritage münden könnte. Nein, ich meine vor allem auch uns selber und unsere Arbeit. Fragen wir doch bitte endlich weniger danach, was andere, auch der Staat, für uns tun können, sondern was wir für uns tun sollten! Selbstbewusstsein wird nicht verliehen, sondern erworben. Zurück zu Europa: Ein Beispiel, das mir fast noch sympathischer erscheint, ist Schweden. Wie man z.B. im alten Industriegebiet von Mittelschweden eine nahezu federleichte Integration von eigener Lokalgeschichte, einem integrativen Verständnis von Kulturlandschaft mit historischer wissenschaftlicher Forschung und Tourismus betrieben hat, bleibt ein Vorbild, das aber so sicher nur in der besonderen gesellschaftlichen Großfamilie der Schweden entstehen konnte. Lernen kann man aber auch davon. Auch die benachbarten Niederlande sind zu erwähnen: das Miteinander starken privaten Engagements und einer Gesetzgebung, die private Stiftungen viel stärker als bei uns fördert, brachte eine kreative Masse an »Stichtings« hervor, die außerordentlich viel bewirken. Eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit würde beiden Seiten nutzen. Wie gesagt, in jedem Land Europas spielt »Industrial Heritage«, gerade auch befördert durch unsere Kolleginnen und Kollegen, heute eine Rolle, in Frankreich, Belgien, der Schweiz, Italien, oder Spanien: Wo immer man hinsieht. Die Lage stellt sich allerdings in der Regel doch als stark regional verankerte Vereinzelung dar und unterscheidet sich nur wenig von bisher Gesagtem. Ein besonders dringlicher Appell wäre aber in Richtung der ehemaligen Warschauer Pakt-Staaten zu richten, genauer, auch lieber wieder an uns: Überall, von Rumänien über Tschechien, Polen, die Baltischen Staaten bis hin nach Russland finden sich kollegiale Aktivitäten, die oft oder in der Regel unter sehr schlechten Bedingungen arbeiten. Sie brauchen unsere Hilfe, und sei es nur das Gefühl, nicht allein zu sein. Industriegeschichte kannte und kennt keine Grenzen, das muss uns auch inhaltliches Motiv sein. Und dann bleibt da noch der Rest der Welt: Wo immer man Industriegeschichte schrieb, da gibt es heute kollegiale Gruppierungen, in Asien ebenso wie in Afrika oder besonders und überraschend stark in Südamerika. Dass Nordamerika und besonders die USA eine gewichtige Rolle spielen, wird uns mein Freund Prof. Patrick Martin von unserer Schwestergesellschaft SIA noch berichten. Modelle für die Zukunft Bleibt für mich die Frage, die mich stets beschäftigt: Wo wollen wir hin? Wie kann unsere die Weiterentwicklung von Inhalten und Formen der eigenen Arbeit in NRW betrieben werden? Ich habe dazu schon einiges an gemerkt, ich wiederhole mich trotzdem: Die inhaltliche Arbeit bedarf meiner Meinung nach der Thematisierung unter dem Stichwort der »Industriellen Kulturlandschaft« und eine Schwerpunktbildung durch Arbeitsteilung. Zwar ist der lokalgeschichtliche Kontext der Industriedenkmals immer ein besonderer Focus. Es wären aber auch Schwerpunkte in einer regionalen Arbeitsteilung finden, welche die Arbeit - und die Ressourcen - konzentrieren und die Ergebnisse für die Öffentlichkeit interessanter machen. Die Weiterentwicklung der eigenen und der Aufbau einer gemeinsamen Öffentlichkeitsarbeit, auch mit Mitteln der modernen Kommunikationstechniken, bedarf besonderer Aufmerksamkeit. Es ist nach eigenen Mitteln und Wegen zu suchen, wie die Kontinuität der meist ehrenamtlichen Arbeit in personeller und finanzieller Hinsicht sicher zu stellen ist. Die steigenden allgemeinen Kosten und die oft notwendige Mitarbeit hauptamtlicher Mitarbeiter scheinen oft unlösbare Herausforderungen. Eine teilweise Kommerzialisierung der Arbeit kann zu Lösungen führen. Damit meine ich die Anwendung unser erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten im Sinne einer bezahlten Projektarbeit im Auftrag Dritter. Diese können der Refinanzierung unserer ehrenamtlichen Arbeit bzw. deren Kosten dienen. Ein Schwerpunkt solcher Kommerzialisierung könnte Im Bereich von Tourismus und Freizeit liegen. Industriedenkmale werden zunehmend zu touristischen Zielen. Beispiele in NRW sind die »Märkische Straße Technischer Kulturdenkmale« oder die »Route der Industriekultur im Ruhrgebiet«. Die »Europäische Route der Industriekultur« wird den Rahmen noch erweitern. Niemand kennt die Orte besser als wir. Bei der Ausarbeitung von Angebotspaketen des Industrietourismus oder der kenntnisreichen Führung durch die industrielle Kulturlandschaft können wir von gegenseitigen Nutzen sein. Aber auch beim Merchandising bieten sich im Tourismus auch für uns Chancen. Ebenso bieten sich Möglichkeiten im Bereich von Veranstaltungsservice etc. Kultur in Industriekultur kann auch durch uns selber inszeniert werden. Es ist auch denkbar, bei uns vorhandene technische Fähigkeiten auch kommerziell zu nutzen, z.B. bei der Restaurierung von Industriedenkmalen. Unsere Gesellschaft ist z.B. der fachkundige Partner bei der Restaurierung und Pflege der Hochöfen, die unsere Urenkel hier auf dem Gelände hoffentlich in hundert Jahren noch bestaunen werden. Kommerzielle Erweiterung der Arbeit braucht Mut - und Beratung und öffentliche Akzeptanz: Viel zu oft wird der Erhalt und die Präsentation des Industriedenkmals als alleinige staatliche Aufgabe betrachtet, wo dies auch in der privaten Hand einer Initiative liegen könnte. Mit geeigneter Beratung - auch durch die Wirtschaftsförderung - wäre dies häufiger als gedacht möglich. Die Herausforderungen sind groß, viele lassen sich nur in Zusammenarbeit und durch den Erfahrungsaustausch lösen. Diese Tagung ist hoffentlich dazu ein Anfang. Ziel ist ein Netzwerk der Industriekultur in NRW. Alle Initiativen sind zur Mitarbeit aufgerufen. Die Investition von zeitlichen Ressourcen in die gemeinsame Arbeit wird diejenige vor Ort erleichtern helfen. Als nächster Schritt wird eine schriftliche und elektronische Dokumentation der Aktivitäten aller Initiativen der Industriekultur in NRW allen Beteiligten und der Öffentlichkeit eine Übersicht über den Stand der Dinge verschaffen. Über mögliche zukünftige gemeinsame Aktivitäten sollten wir in diesen Tagen und auf weiteren regelmäßigen Treffen beraten. Lassen Sie mich einen kleinen persönlichen Traum träumen: Ich würde mir sehr wünschen, dass wir einen Lehrstuhl für Industriekultur in NRW schaffen könnten. Hier sollten die Kenntnisse aller potentiell involvierten Wissenschaften der Geschichtsforschung, Denkmalpflege Geografie und Tourismus in interdisziplinärer Form untereinander und mit den Initiativen der Industriekultur zusammenarbeiten können. Alle Fragen lassen sich nicht innerhalb NRWs lösen: Erfahrungsaustausch und Zusammenarbeit innerhalb Deutschlands und Europas müssten ein weiteres zukünftiges Ziel sein. Die Geschichte der Industrialisierung ist die von Netzwerken der Produktion und Arbeit über alle lokalen und Ländergrenzen hinweg. Das sollten wir immer vor Augen behalten. |
Industriekultur und
Technikgeschichte
in Nordrhein-Westfalen
Initiativen und Vereine